Historischer Abriss
Das Martinus-Gymnasium Linz wurde 1706 als "Studium Martianum" gegründet und zählt somit zu den ältesten Schulen des Rheinlandes. Den Traditionsnamen "Martinus-Gymnasium" haben Kollegium, Schulelternbeirat, und Schülerschaft 1967 gewählt, als das jetzige Schulgebäude bezogen wurde.
Die folgende Auflistung enthält die wichtigsten Daten in der Entwicklung der Schule (bis 1974)
1706-1815 Städtische Schule Linz (damals Kurstaat Köln)
ab 1817 Progymnasium (Preußen)
ab 1911 Vollanstalt
ab 1937 Deutsche Oberschule
ab 1945/1953 Alt- und Neusprachliches Gymnasium
ab 1974 Einrichtung der Mainzer Studienstufe
Details aus den ersten 200 Jahren: 1706-1918
I. Kurkölnische und nassauische Zeit (1706-1815)
3.11.1706 | Eröffnung der Schule unter dem Namen „Studium Martinianum“ – die Bezeichnung „Gymnasium Martinianum“ erscheint erst in späteren Urkunden – durch den Rat der Stadt. Eine öffentliche höhere Schule hatte es zuvor in Linz offenbar nicht gegeben, sondern lediglich privaten Unterricht zur Vorbereitung auf den Besuch auswärtiger Schulen. Das Gründungsdatum unserer Schule ist belegt durch das Ratsprotokoll dieses Tages, aus dem auch der Ablauf der Gründungszeremonie hervorgeht. Anfänglich bestand die Schulgemeinschaft aus 22 Schülern, 2 Lehrern („Professoren“) und einem oder mehreren Präzeptoren. Die Schüler gehörten fünf Jahrgängen an, die in zwei Abteilungen – Infima („die Unterste“) und Secunda – unterrichtet wurden. Als erste Lehrer der Schule amtierten der Geistliche Petrus Müller aus Unkel, auf dessen Initiative die Schulgründung erfolgt war, sowie der Theologe Christian Schaaf aus Kasbach. Aufgabe der Präzeptoren war es vor allem, das Silentium (Stillarbeit) der Schüler zu halten und Aufsicht auf dem Spielplatz zu führen. Entsprechend den beiden oben genannten Abteilungen gab es nur zwei Klassenräume. Diese waren im Obergeschoss des Rathauses eingerichtet worden. Die Unterrichtsinhalte orientierten sich am Vorbild der Jesuitengymnasien. Dem Lateinischen kam dabei eine ganz besondere Bedeutung zu („Latein-schule“). Weitere Unterrichtsfächer waren Deutsch, Glaubens- und Sittenlehre, Geschichte, Geographie, Arithmetik. |
1708 | Eine aus diesem Jahr stammende Dienstanweisung für Präzeptoren gibt Auskunft über die Einteilung eines gewöhnlichen Schultages von 5 Uhr morgens bis 19 Uhr abends. |
1795 | Nachdem der Kölner Kurstaat infolge der durch die Französische Revolution ausgelösten Wirren untergegangen war, fiel Linz an das Herzogtum Nassau. Dessen Regierung hielt das Fortbestehen des Linzer Gymnasiums – insbesondere wegen seiner geringen Schülerzahl – nicht für erforderlich. Die Umsetzung ihres Planes, die Schule auf eine einzige Vorbereitungsklasse für das Idsteiner Gymnasium zu reduzieren, konnte der Linzer Stadtrat in den folgenden Jahren zwar abwenden; er verlor aber entscheidende Kompetenzen (Stellenbesetzung), sodass es sich bei unserer Schule schließlich nicht mehr um eine rein städtische Anstalt handelte. |
1803 | Auf Veranlassung des Lehrers Lahaye aus Linz wurde erstmalig Griechischunterricht erteilt. Im Übrigen ergaben sich im ersten Jahrhundert seines Bestehens für das Gymnasium keine gravierenden Veränderungen. Es gelangte über den Status einer kleinen Anstalt mit sehr engem Einzugsbereich nicht hinaus. |
I. Kurkölnische und nassauische Zeit (1706-1815)
II. Preußische Zeit, Teil 1: 1815
1815 | Als durch Beschluss des Wiener Kongresses das Rheinland an Preußen fällt, ist der Zustand des Gymnasium Martinianum desolat: Zum Ende des Jahres 1815 gibt es nur noch einen einzigen Lehrer, und die Schließung der Anstalt scheint unmittelbar bevorzustehen. Die sofortigen dringenden Eingaben der Stadt zur Rettung der Schule finden jedoch bei der neuen preußischen Regierung Gehör. |
1817 | Mit Verfügung vom 2. Mai wird dem „Gymnasium“ ein jährlicher „Bedürfniszuschuss“ von 900 Gulden bewilligt. Da die beiden bisher genutzten Räume im Rathaus für eine gesunde schulische Entwicklung völlig unzureichend sind, überlässt die Regierung in Koblenz dem „Gymnasium“ das 1813 säkularisierte Kapuzinerkloster in der Strohgasse. (Dieser Vorgang findet seine nachträgliche und förmliche Bestätigung durch die „Königliche Kabinetsordre vom 10. Februar 1818“.) Nachdem die Stadt auf eigene Kosten das Gebäude hat instand setzen lassen, wird dort am 12. November 1817 der Schulbetrieb aufgenommen, zunächst mit drei Klassen (69 Schüler) und vier Lehrern. Das „Gymnasium“ untersteht fortan der Schulaufsicht der Koblenzer Regierung, ohne dass diese jedoch finanzielle Verpflichtungen wie gegenüber staatlichen Anstalten eingeht. Nunmehr wird nach und nach der Lehrplan des humanistischen Gymnasiums maßgeblich: Die beiden alten Sprachen, Griechisch und Latein, prägen den Unterricht in herausragender Weise. Dies entspricht neuhumanistischen Ansichten von Menschenbildung, die sich an einer idealisierten Antike orientiert. Trotz verbesserter Rahmenbedingungen verläuft die Entwicklung der Schule nach dem Neubeginn von 1817 wegen der noch immer unzurei-chenden Finanzausstattung zunächst nicht wunschgemäß: Lehrerstellen können verschiedentlich nicht besetzt werden, ja selbst die Rektorstelle bleibt von 1836 bis 1846 vakant; die Zahl der Schüler geht zeitweilig gar bis auf 25 zurück. |
1842-1846 | Erst durch engagierte Bemühungen des Bürgermeisters Christmann bessern sich die Verhältnisse entscheidend. Mit einer Eingabe unmittelbar an den König erreicht er schließlich, dass sich der jährliche Staatszuschuss für die Schule verdoppelt. Diese wird jetzt aufgrund behördlicher Vorgaben organisiert als Progymnasium mit vier getrennten Klassen und vier Lehrern. Endlich kann auch mit dem Geistlichen Georg Marchand wieder ein Rektor eingestellt werden. |
II. Preußische Zeit, Teil 1: 1815-1846
II. Preußische Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1815-1918), Teil 2
1849 | Die Attraktivität des Progymnasiums erhöht sich zweifellos, als es die Berechtigung erhält, das Zeugnis „behufs Meldung zum einjährig-freiwilligen Militärdienste“ auszustellen. Mit diesem so genannten „Einjährigen“ haben erfolgreiche Schulabsolventen die Möglichkeit, ihren dreijährigen Pflichtwehrdienst auf ein Jahr zu verkürzen. |
1856 | Einführung des evangelischen Religionsunterrichts – vornehmlich wegen des Zuzugs preußischer Beamter und Militärs. |
1859 | Einrichtung einer Sekunda über den bisher bestehenden vier Klassenstufen (Sexta, Quinta, Quarta, Tertia). Diese Neuerung ergibt sich fast zwangsläufig, nachdem im Jahre 1858 durch Erlass der „Militär-Ersatz-Instruktion“ der Erwerb des für die Absolventen der Schule so bedeutsamen „Einjährigen“ vom erfolgreichen Besuch der Sekunda abhängig gemacht wurde. Erstmals besuchen mehr als 100 Schüler die Anstalt |
1875 | Erstmalig israelitischer Religionsunterricht. |
1890-1891 | Nachdem die Stadt seit Jahren auf eine Übernahme der Schule durch den Staat gedrängt hat, um deren finanzielle Grundlage für eine zeitgemäße pädagogische Arbeit dauerhaft zu sichern, wird dieses Ziel endlich erreicht: Am 25. November 1890 ergeht eine grundsätzlich zustimmende Verfügung des Unterrichtsministers. Diese führt am 13. Oktober 1891 zur Unterzeichnung eines entsprechen-den Vertrages zwischen Stadt und Staatsbehörde, der als Datum der Verstaatlichung des Progymnasiums den 1. April 1891 festlegt. Bestandteil des Vertrages ist auch die Verpflichtung der Stadt, aus eigenen Mitteln ein neues Schulgebäude zu errichten, das dem aufgewer-teten Status der Anstalt entsprechen soll. Schon am 19. Oktober 1891 beginnt der Abbruch des ehemaligen Kapuzinerklosters, um Platz für den Neubau zu schaffen. |
II. Preußische Zeit, Teil 2: 1849-1891
II. Preußische Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1815-1918), Teil 3
1893 | Festakt am 21. September zum Einzug in das neue Schulgebäude. Zwischenzeitlich hat der Unterricht im „Europäischen Hof“ stattgefunden. |
1906 | 200-Jahr-Feier der Schule: Am 4. November Bewirtung der Schüler mit Brötchen und Wein im Rathaus (wie 1706 bei der Schulgründung); abends Fackelzug und Festkommers. Am 5. November findet nach einem Festgottesdienst ein Festakt in der Aula statt. |
1907 | Ein Ministerialerlass vom 3. Dezember genehmigt den Ausbau des Pro-gymnasiums zur Vollanstalt. |
1908 | Dementsprechend erfolgt Ostern (Schuljahresbeginn) die Einrichtung einer Obersekunda (Kl. 11). Nachdem die Tertia bereits 1870 in Ober- und Untertertia geteilt wurde, verfügt die Schule nunmehr über 7 Klassenstufen. Äußerlich zeigt sich die Entwicklung der Schule im Anbau eines Südflügels mit Turnhalle, Physiksaal und Doppelklasse. |
1911 | Erste Reifeprüfung an unserer Schule (16.-17. Febr.): erfolgreicher Abschluss für alle 14 Kandidaten. Eine Ministerialverfügung vom 13. März spricht daraufhin die förmliche Anerkennung des bisherigen Progymnasiums als Vollgymnasium aus. Offizielle Bezeichnung nunmehr: „Königliches Gymnasium Linz“. |
1914-1918 | Nach Erreichen dieses „Gipfels“ in ihrer Geschichte sind der Schule nur wenige Jahre ungestörter pädagogischer Arbeit vergönnt. Der Erste Weltkrieg mit seinen negativen Begleiterscheinungen bedeutet auch für das Linzer Gymnasium eine schwere Belastung: - Kriegseuphorie veranlasst zahlreiche Schüler der Oberstufe dazu, sich vorzeitig freiwillig zum Militärdienst zu melden; - jüngere Lehrer stehen der Schule nicht mehr zur Verfügung; - den verbleibenden Lehrern und Schülern werden diverse Hilfsdienste auferlegt; - vorzeitige Reifeprüfungen bzw. Notreifeprüfungen bis zum Ende des Krieges. Unsere Schule allein hat 45 Schüler und einen Lehrer als Opfer des Krieges zu beklagen. |
II. Preußische Zeit, Teil 3: 1893 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges